Wie der Einsatz von Prozessmanagement in Bibliotheken nicht nur zum optimalen Ressourceneinsatz führen, sondern auch die Qualität der Dienstleistungen verbessern kann – ein Interview mit Frau Prof. Cornelia Vonhof
Schon seit langer Zeit interessiert sich Cornelia Vonhof, Professorin an der Hochschule der Medien Stuttgart, für die Thematik Qualitäts- und Prozessmanagement, v.a. in Bibliotheken. Nach dem Studium zur Diplombibliothekarin und den ersten bibliothekarischen Berufserfahrungen entschied sie sich für ein Studium der Betriebswirtschaft, um ihr Wissen zu diesem Thema zu vertiefen. Auf dem diesjährigen IFLA-Kongress präsentiert sieein Poster zumThema „Process Management in Libraries: Key to Quality & Organizational Change“. Prozessmanagement ist ein wichtiger Bestandteil des Qualitätsmanagements. Für Bibliotheken ist dies zum einen interessant, wenn sie entweder von drastischen Sparmaßnahmen betroffen sind, ihren gewohnten Service aber weiterhin anbieten wollen oder um ihren Service noch weiter zu optimieren. Für IFLA-Express hat sie sich Zeit für ein Gespräch zu ihrem Poster und der Bedeutung von Prozessmanagement in Bibliotheken genommen.
„Eine Bibliotheken ohne Prozesse gibt es nicht! Denn Dienstleistungen und Services werden immer in Prozessen erstellt“ meint Frau Vonhof, „nur nicht jede definiert, analysiert und optimiert ihre Prozesse systematisch. Das Management der Prozesse ist das, was oft verbessert werden kann.“ Doch gerade in Zeiten, in denen immer mehr Bibliotheken von Etatkürzungen oder gar Schließungen betroffen sind, ist es umso wichtiger, seinen Träger von der Bedeutung der Bibliothek zu überzeugen und seine Geschäftsgänge wirtschaftlicher zu gestalten. Zunächst müssen beim Prozessmanagement die Prozesse als solche identifiziert und definiert werden. In einem weiteren Schritt werden diese dokumentiert, analysiert und anschließend optimiert. „Dabei hat die Beteiligung der Mitarbeiter einen sehr hohen Stellenwert“ erklärt Frau Vonhof, denn nur durch die Integration aller Mitarbeiter und der Kommunikation untereinander, können alle Prozesse definiert und neue Ideen entwickelt werden. „Manchmal stellen die Kollegen während der Arbeit an ihren Prozessen Unterschiede bei der Vorgehensweise fest, obwohl sie die gleiche Tätigkeit ausüben“, ist die Erkenntnis von Frau Vonhof, die das Qualitätsmodell „Ausgezeichnete Bibliothek“ entwickelt hat.
Durch Prozessmanagement werden nicht nur Abläufe einfacher, übersichtlicher und effektiver, die Einarbeitung neuer KollegInnen oder die Übernahme von Vertretungsdiensten wird dadurch ebenfalls vereinfacht. Außerdem weist Frau Vonhof auf folgendes hin: „Die Bibliotheken können sich durch das Prozessmanagement mit anderen ähnlichen Bibliotheken vergleichen bzw. schauen wie andere Bibliotheken bestimmte Geschäftsprozesse organisieren.“ Die Einführungsphase sei sehr zeitaufwendig und intensiv, merkt sie an, doch der Nutzen und die Qualitätssteigerung am Ende sind enorm.
Um Bibliotheken in der praktischen Prozessarbeit zu unterstützen und zu begleiten, wird derzeit am Institut für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung in Bibliotheken und Hochschulen (IQO) an der HdM Stuttgart zusammen mit Pilotbibliotheken ein Prozess-Wiki entwickelt. In diesem können alle wichtigen Dokumente und Prozesse abgelegt werden. Damit sind sie für alle Mitarbeitenden der Bibliotheken zugänglich und können gemeinsam bearbeitet und kommentiert werden (weitere Informationen zum IQO-Prozess-Wiki). Die Bezahlmodalitäten für die Einführung von Prozessmanagement für Bibliotheken sind sehr flexibel gestaltet und staffeln sich nach der Bibliotheksgröße. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit Workshops zu besuchen, um einen ersten Einstieg in die Thematik zu erhalten.
In Deutschland ist das systematische Prozessmanagement im bibliothekarischen Kontext noch nicht sehr weit verbreitet. Frau Vonhof geht jedoch davon aus, dass diese Thematik in Bibliotheken in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. „Gerade mit der zunehmenden Bedeutung von Qualitätsmanagement wird auch die gezielte Betrachtung der Prozesse immer wichtiger“. Insofern war die Entwicklung des Prozess-Wikis ein logischer Schritt, der sich aus der Entwicklung des Qualitätsmanagementmodells „Ausgezeichnete Bibliothek“ ergeben hat. Dieses Qualitätsmodell, das ebenfalls am IQO entwickelt wird, basiert auf dem in Wirtschaft und öffentlichem Sektor international anerkannten Qualitätsmanagementsystem European Foundationfor Quality Management (EFQM). Es ist ein umfassendes Leitkonzept für das (Qualitäts-)Management einer Bibliothek. In neun Themenfeldern wird die Arbeit der Bibliothek geprüft. Dabei geht es zum Beispiel um Führungsqualität, Strategie, Personalmanagement, Ressourcen, die erzielten Arbeitsergebnisse, aber eben auch ganz maßgeblich um funktionierende und kontinuierlich verbesserte Prozesse. In allen Bereichen muss die Bibliothek eine hohe Qualität nachweisen.
Für die nächsten IFLA-Konferenzen würde sich Frau Vonhof wünschen, dass die Thematik des Prozessmanagement in Bibliothek etwas mehr thematisiert werden würde und hofft, dass v.a. die Bibliotheken in Deutschland ihre Geschäftsgänge weiter analysieren und optimieren.
Wie sieht es eigentlich bei Ihnen in der Bibliothek aus?
Link: Poster von Prof. Vonhof
(IFLA Express Team: Victoria Hentschel)