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Grüne Bibliothek passiert schon, es wird bloß nicht darüber geredet

Petra Hauke zeigt vollen Einsatz für ihre Vision einer ökologisch nachhaltigeren Bibliothek. Am Vortag hat sie bereits im Sitzungsblock Marketing on a Shoe String zum Thema gesprochen. Heute Vormittag nun zuerst ein Workshop, bei dem sie als Keynote den in der IFLA-Reihe neu erschienenen Sammelband The Green Library – Die Grüne Bibliothek vorstellt. Am Nachmittag steht das Treffen der Special Interest Group zu Grünen Bibliotheken an. Dazwischen hat IFLA Express sie an ihrem Poster (Titel natürlich: The GREEN Library – Sustainable Buildings, Management and Services) in der Ausstellungshalle zum Gespräch getroffen.

IFLA Express: Grüne Bibliothek bedeutet in Deutschland häufig, beim Ausdrucken zu sparen oder zu recyceln. Was bedeutet für Sie Grüne Bibliothek?

Petra Hauke: Es gibt ungemein viele Aspekte, wie man eine Bibliothek „grünen“ kann. Das fängt mit ganz kleinen Schritten wie Mülltrennung an und geht dann weiter vom intelligenten Beleuchtungssystem bis hin zur Heizung, Klimatisierung und Magazinierung. In unserem Buch haben wir ganz viele Beispiele zusammengetragen und einige auf dem Poster dargestellt.

IFLA Express: Das Thema „Grüne Bibliothek“ steht in den wenigsten Bibliotheken ganz oben auf der Agenda. Wie kann sich daran was ändern?

Petra Hauke: Es ist so, dass in Deutschland schon ganz viel passiert, auch durch die Gesetzgebung, die besagt, dass Gebäude bestimmte Kriterien erfüllen müssen, die in Deutschland auch umgesetzt werden. Aber, „Grüne Bibliothek“ ist kein Faktor, über den man spricht. Dazu kommt, dass das Thema Marketing in Deutschland auch noch nicht so angekommen ist. In Deutschland verbindet man mit Marketing eher Werbung. Dass Marketing etwas anderes ist, nämlich die totale Orientierung auf den Nutzer und auf die Bedienung von dessen Erwartungen und Bedürfnissen, das ist noch nicht im Bewusstsein. Und hier könnten wir das Thema „Grüne Bibliothek“ nehmen und damit Bibliotheken „vermarkten“. Indem wir zeigen, was wir schon machen, dass wir die EMAS-Kriterien erfüllen(EMAS ist ein Gemeinschaftssystem für das freiwillige Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung), dass wir intelligente Lichtsysteme haben, dass wir in den Bibliotheken den Müll trennen, dass wir Fair Trade Coffee in den Cafeterien anbieten und vieles mehr. Das passiert alles schon, es wird bloß nicht drüber geredet. Das fehlt noch in Deutschland, ebenso wie das Bewusstsein, dass Bibliotheken als Multiplikatoren hier eine verantwortliche Rolle in der Gesellschaft übernehmen können und sollten, wie es im Ausland, zum Beispiel in den USA und in Finnland, bereits geschieht.

IFLA Express: Durch die Herausgeberschaft von „The Green Library“ wird Ihre Person nun mit der grünen Bibliothek in Verbindung gebracht. Wo wollen Sie mit der Grünen Bibliothek hin?

Petra Hauke: Klaus Ulrich Werner aus dem dbv-Vorstand und ich haben damit angefangen, dieses Thema in Deutschland zu installieren. Wir waren schon mit dem Thema auf dem Bibliothekartag in Leipzig 2013, und wir werden das auch noch weiter in Deutschland über die Fachzeitschriften propagieren. Unsere Zielvorstellung ist es, dass beim dbv eine Interessengruppe gebildet wird, die sich dieses Themas annimmt, dass es institutionalisiert wird. Darauf arbeiten wir hin.

IFLA Express: Sollte es vielleicht einmal im Jahr einen öffentlichkeitswirksamen Preis für das beste Projekt im Bereich „Grüne Bibliothek“ geben, möglicherweise in Zusammenarbeit mit politischen Parteien?

Petra Hauke: Da werden die Bibliotheken sagen, dass sie politisch neutral sind. Schon deswegen ist es vielleicht schwierig, wenn sich eine Bibliothek als „Grün“ bezeichnet, weil man möglicherweise auf die Idee kommen könnte, dass es eine politische Ausrichtung ist. Das müssen wir deutlich machen, dass es darum überhaupt nicht geht. Es ist aber eine unserer Ideen, dass eine Auszeichnung geschaffen wird. Die muss nicht mit Geld verbunden sein. Das kann eine Urkunde für Bibliotheken sein, die Kriterien für ökologische Nachhaltigkeit entwickelt haben und die auch erfüllen.

Dr. Petra Hauke ist Dozentin am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.

(IFLA Express Team: Martin Hermann)