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VDB begrüßt neues Kulturgutschutzrecht – Referentenentwurf enttäuscht leider

Der VDB – Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare begrüßt die Bestrebungen von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Bundesregierung zur grundlegenden Neuordnung des Kulturgutschutzrechtes. Dies hatte der VDB bei einer öffentlichen Anhörung im April zum Ausdruck gebracht. Der Mitte September vorgelegte Referentenentwurf bleibt jedoch leider in entscheidenden Punkten hinter den Erwartungen zurück.

Aus bibliothekarischer Sicht ist der Abwanderungsschutz von besonderer Bedeutung, um eine Wiederholung der bekannten und spektakulären Fälle der Vergangenheit zu verhindern, bei denen kulturhistorisch höchst bedeutendes Bibliotheksgut ins Ausland verbracht wurde, um es dann teuer nach Deutschland wieder zurück zu verkaufen. Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass das herrschende Listenprinzip, das die Eintragung in eine Liste kulturhistorisch wertvollen Kulturgutes voraussetzt, durch das Kategorienprinzip ergänzt wird, das Kulturgut bestimmter Kategorien in Abhängigkeit von Alter und Wert per se schützt. Das Listenprinzip hat in der Vergangenheit, insbesondere beim Schutz von Handschriften und alten Drucken, vielfach versagt, weil versäumt worden war, die entsprechenden Stücke rechtzeitig einzutragen. Letztendlich ist es auch eine Überforderung der Verwaltung durch die Gesetzgebung, wenn jedes schützenswerte Stück einzeln eingetragen werden muss. Zudem ist das Listenprinzip sehr auf den Schutz von Einzelstücken ausgerichtet und versagt beim Schutz ganzer Sammlungen.

Der Referentenentwurf sieht in § 24 vor, dass bei der Ausfuhr bestimmter Kategorien von Kulturgut in Abhängigkeit von einzeln definierten Alters- und Wertgrenzen eine Genehmigung einzuholen ist. Dies entspricht der Regelung im geltenden EU-Recht, das an den Außengrenzen der Europäischen Gemeinschaft zur Geltung kommt. Leider hat jedoch der Referentenentwurf die Wert- und Altersgrenzen gegenüber der entsprechenden EU-Verordnung stark angehoben. So fordert das EU-Recht z.B. bei Handschriften unabhängig von der Wertgrenze eine Ausfuhrgenehmigung, während der Referentenentwurf nun eine Wertgrenze von 50.000 EUR vorsieht, die zudem durch einfache Rechtsverordnung jederzeit noch weiter hochgesetzt werden könnte. Damit fällt das neue deutsche Kulturgutrecht sehr deutlich hinter das schon bestehende EU-Recht zurück. Der von Staatsministerin Grütters selbst öffentlich erhobene Anspruch, dass was bereits heute für die Ausfuhr nach New York und Basel gelte, in Zukunft auch für London gelten müsse, wird durch den Referentenentwurf ihres eigenen Hauses konterkariert.

Gut gemeint, aber kaum befriedigend umgesetzt ist auch die neue Kategorie „national bedeutendes Kulturgut“ (§§ 5 und 6), zu der neben dem eingetragenen Kulturgut auch pauschal das sich in öffentlichem Eigentum befindliche Kulturgut zählen soll. Für die Bibliotheken von Bund, Länder und Gemeinden hätte dies den Vorteil, dass die Eintragung ihrer kulturhistorisch bedeutenden Stücke künftig entfallen könnte. Eine materielle Wirkung dürfte diese neue Regelung jedoch für Bibliotheken kaum entfalten, denn die Bestände in den Bibliotheken der öffentlichen Hand sind in aller Regel nicht von der Abwanderung bedroht. Gefährdet sind viel eher gerade die Bestände, die sich nicht in öffentlichen Bibliotheken befinden. Hier gibt das neue Gesetz, trotz vieler Paragraphen, keinen zusätzlichen Schutz.

Der VDB hat daher an Kulturstaatsministerin Grütters dringend appelliert, das Gesetz nicht in dieser Form umzusetzen, sondern für die Genehmigungspflicht der Ausfuhr von Kulturgut die Wert- und Altersgrenzen der EU-Regelung zu übernehmen und gewachsene historische Sammlungen im Einzelfall auch dann als nationales Kulturgut gemäß § 5 des Entwurfes zu betrachten, wenn sie sich nicht im öffentlichen Eigentum befinden.