Wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland werden bereits seit Anfang des Jahres durch die Steuerverwaltung mit der drängenden Frage konfrontiert, ob und in welchem Umfang sie beim Bezug von elektronischen Datenbanken zum Einbehalt und zur Abführung der sogenannten Quellensteuer im Sinne des § 50a EStG verpflichtet sind. Die Quellensteuer dient vor allem der Besteuerung von in Deutschland nicht ansässigen Künstlern und Sportlern. Nach Auffassung des VDB – Vereins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare bestehen daher erhebliche Zweifel, ob die Überlassung von Datenbanken an öffentliche Einrichtungen in Deutschland überhaupt die Steuerpflicht des ausländischen Datenbankbetreibers auslöst. Auch ist ungeklärt, ob und inwieweit Bibliotheken als öffentliche Einrichtungen aus Verträgen mit ausländischen Vertragspartnern zum Quellensteuereinbehalt verpflichtet sind. Selbst das zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sieht sich nicht in der Lage, konkrete Aussagen zur Quellensteuerpflicht oder zur beschränkten Steuerpflicht zu treffen, fordert jedoch die Bibliotheken auf, vorsorglich Steuern zu entrichten, für deren Erhebung möglicherweise gar kein Rechtsgrund besteht. Diese vorsorgliche Steuerzahlung belastet nicht nur die Erwerbungsetats der Bibliotheken – nicht zuletzt durch hohe Steuerberatungskosten, sie erschwert auch ganz erheblich den Bezug von für die Wissenschaft unverzichtbaren Datenbanken. Datenbankanbieter wie Bibliotheken erwägen daher, ihr Angebot aus Gründen der rechtlichen Unsicherheit vorübergehend einzustellen.
Der VDB fordert Politikerinnen und Politiker aus Bund und Ländern auf, unverzüglich eine Klärung herbeizuführen, ob Bibliotheken überhaupt Quellensteuer auf den Bezug elektronischer Datenbanken abzuführen haben. Die derzeitigen Steuerprüfungen ohne klare rechtliche Auskunft belasten aus Sicht des VDB die öffentliche Hand in erheblichem Maße und gefährden die Versorgung der Wissenschaft mit unverzichtbaren elektronischen Medien. Der VDB weist ferner darauf hin, dass durch die derzeitigen Steuerprüfungen keine Einnahmen für die öffentliche Hand zu erwarten sind, sondern die möglicherweise fälligen Steuern aus dem Budget der öffentlichen Bibliotheken, also aus dem Staatshaushalt zu entrichten wären.